Bordeaux | Jahrgang 2020
Es waren die ersten milden und besonders trockenen Wintermonate, die über den Ausgang dieses Jahrgangs bestimmen sollten. Und obwohl sich der März anschließend kühler gestaltete, kam es zu einem frühen Austrieb der Knospen, der zwei bis drei Wochen früher als üblich erfolgte. Die Monate April und Mai überraschten wieder mit ihrer großen Milde, die zusammen mit recht regelmäßigen Regenfällen ein sehr schnelles Wachstum der Reben ermöglichte. Die Blüte verlief insgesamt reibungslos – und doch ließ der einsetzende Juni mit einem Temperaturumschwung und starken Regen die Entwicklung von Pilzerkrankungen befürchten. Die Befürchtung, dass sich der Jahrgang 2018 wiederholen könnte, verflüchtigt sich jedoch mit dem Einzug eines anhaltend heißen und trockenen Sommers, der bis Mitte August anhält. Im Juli folgen immer mehr Tage mit über 30 Grad, jedoch kühlen Nächte. Im August setzt eine neue Hitzewelle ein, die die ersten Anzeichen von Wasserstress verstärkte. Es folgen heftige Gewitter die eine Blockade der Reifung verhindern. Die weißen Trauben wurden ab Ende August geerntet, gefolgt von den Merlot- und Cabernet Franc-Trauben, die dank trockener und sonniger Bedingungen Anfang September ihre Reifung perfekt abschließen konnten. In der zweiten Septemberhälfte kam es erneut zu Regenfällen, die die Ernte der Cabernets Sauvignons beschleunigen. Die Trauben zeigen sich zum Großteil zufriedenstellend.
Die Botrytis-Fäule trat erst spät ein, sodass die Trauben eine relativ komplizierte Reifephase durchlaufen mussten. Die Mengen an Likörweinen gestalteten sich sehr gering – die Qualität angesichts der Bedingungen zufriedenstellend.
Rotweine aus dem Jahrgang 2020 in Bordeaux zeichnen sich durch ihre Qualität, aber auch Heterogenität je nach Appellation aus. Insgesamt weisen sie eine sehr schöne Konzentration, ein angenehmes Mundgefühl und eine herrliche minzige Frische auf. Im Médoc erinnern die Weine mit ihrer Frische bei der Verkostung an Jahrgänge wie 2010 oder 2016. Die Saint-Estèphe-Weine sind besonders brillant, da der Lehmboden in diesem sonnigen Jahrgang eine vorteilhafte Wasserreserve bewahrt hat. Die besten Weingüter von Pessac-Leognan gehören ebenfalls zu den großen Erfolgen des Jahrgangs. Auf der rechten Uferseite ist der Erfolg unbestritten, angefangen bei Pomerol, das einen Jahrgang für die Geschichtsbücher vorweisen kann. Die Merlots erreichen hier geradezu Perfektion und bringen rassige, tiefe und zugleich delikate Weine hervor. Auch die Weine aus Saint-Emilion schreiben Geschichte. Ein Jahrgang, der die großartige Trilogie 2018 – 2019 – 2020 abschließt.
Die trockenen Weißweine haben vielleicht nicht die Klasse und Tiefe anderer Jahrgänge – dennoch haben sie sich eine schöne Frische und Lebendigkeit bewahrt. Die Sauvignons sind nicht so aromatisch wie 2019, die Sémillons jedoch umso mehr. Sie bereichern Assemblagen des Jahrgangs besonders, indem sie den Texturen zusätzliche Weichheit verleihen.
Die Likörweine sind angesichts der besonders schwierigen Bedingungen, mit denen die Winzer zu kämpfen hatten, durchaus akzeptabel. Sie sind im Allgemeinen delikat, weniger konzentriert und weisen eine angenehme Ausgewogenheit auf. Die besten Weine aus Sauternes und Barsac bieten eine schöne Ausgewogenheit und interessante Aromen, ohne dabei die Tiefe der besten Jahrgänge zu erreichen.















































































